Roadtrip Sardinien

Sardinien Roadtrip 2018

2 Wochen alleine durch Sardinien. Der Plan? Biken, Wandern, im Minivan wild campen, die Seele baumeln lassen. Und ansonsten mal nichts planen. Doch 30 Stunden vor Abfahrt der Fähre steht völlig überraschend doch noch die neue X-Klasse vor der Tür. Also Bett bauen, Gepäck puzzeln und dank Allradantrieb und Bodenfreiheit neue Optionen: Greenlanes. So heißen auf den britischen Inseln die historischen Verbindungswege zwischen kleinen Ortschaften und Farmen, die weiterhin öffentlich zugänglich sind, aber in unterschiedlichen Stadien der Vernachlässigung häufig nur mit Allradantrieb befahrbar sind. Jetzt gehört zwar Sardinien nicht zu den britischen Inseln, genügend offiziell befahrbare Wege gibt es aber auch. Und das britische Regenwetter werde ich nicht vermissen.

Pack-Puzzle

Nach Zwischenstop bei Roli in Winterthur geht es noch weiter bis an den Zuger See, auf einem Schulparkplatz verbringe ich die erste Nacht in meiner Eigenbau-Querschläfer-Koje über den Rücksitzen. Bis auf die sargähnliche Kopffreiheit schläft es sich überraschend gut.  Am nächsten Morgen gibt es an einer Tankstelle Kaffee und vor allem eine Toilette. Und ein paar Kilometer weiter Frühstück mit Blick auf Lauerzer See.

Gemütlich geht es los, am Gotthard nehme ich die Pass-Straße statt dem Tunnel, Zeit für eine kurze Wanderung unterhalb des Passes.

Frühstück am Lauerzer See

Gotthard-Pass-Straße

Zur Mittagspause hole ich das Rad raus und fahre per Rad nach Piacenza.  Um 18:30 Ankunft in Livorno an der Fähre, um 21:30 geht es pünktlich los. Erstmal häuslich einrichten mit Isomatte und Schlafsack, und dann endlich Zeit, die nächsten Kilometer zu planen.

Auf der Fähre, Zeit zu planen

Die Nacht ist windig und laut. Ankunft in Olbia um 06:40, und dann direkt Richtung Süden, raus aus der Stadt, Frühstück mit eigenem Kaffee und Meeresblick. Weiter per Auto nach Siniscola, Start zur ersten Biketour an die Hänge des Montalbo. Staße bergauf, dann biege ich auf einen schattigen Schotterweg ab. Der erste Trail ist noch ziemlich zugewachsen und geht steil bergauf. Noch ein Stück Schotter, und dann folgt ein genialer Weg zwischen lichten Mittelmeerkiefern, sandig, flowig. Irgendwann bin ich oben, direkt unterhalb der Felsen, und es geht über felsige Trails bergab. Tolle Wege, schöne Blicke aufs Meer, teilweise sogar von den Locals gebaute Kehren und Sprünge. Klasse.

Montalbo

Mittelmeer-Kiefern

Meerblick am Montalbo

Kurz nach mittag bin ich wieder am Auto. In einer kleinen Kneipe gibt es Baguette zum Mittag und einen leckeren Cappucino. Und am Nachmittag? Per Auto Richtung Westen auf eine Greenlaning-Tour, Offroad zur Nuraghe Loelle.

Greenlaning zur Nuraghe Loelle

Eidechsen in der Sonne

Nuraghe Loelle

Nach kurzer Besichtigung geht es weiter, Ziel für die Übernachtung ist die Hochebene zwischen Bitti und Orune. Auf dem Weg komme ich zufällig an einem Wegweiser zu einer Ausgrabungsstätte vorbei und mache Halt an der mysteriösen Kultstätte Su Romanzesu.

Su Romanzesu

Su Romanzesu

Einkaufen in Bitti. Auf wilder Straße zur Hochebene,  ich komme pünktlich zum Sonnenuntergang an. Kochen im Halbdunkeln, es gibt Pfannkuchen mit Pilzen. Der Wind pfeift, zum Einschlafen läuten Ziegenglocken. Hoffentlich lassen die mich schlafen.

Camp auf der Hochebene

Morgens Nebel und Regen statt dem erhofften Sonnenaufgang, und klamme Füße. Meine Bettverlängerung ist nicht ganz dicht. Dann die Überraschung: Standlicht, Kühlbox und Ladegeräte sorgen für eine leere Batterie, nur ein vages Klacken ist beim Starten zu hören. Was tun? Der nächste Ort ist 10km weit entfernt, zur Not kann ich mit dem Rad Hilfe holen. Aber in der Nähe habe ich einen Stall gesehen, vielleicht finde ich da jemand. Tatsächlich, nach 500m zu Fuß läuft mir ein Bauer über den Weg: Die Verständigung ist schwierig, er kann (oder will) nicht helfen. Aber nach weiteren 500m steht ein Auto auf dem Weg. Noch während ich dem Fahrer mit dem Überbrückungskabel in der Hand verständlich mache, dass ich Hilfe brauche, kommt der erste Kollege aus dem Dickicht und unterhält sich mit Nummer 2, als ob sie keine 5 Minuten getrennt waren.  Aha. Zu dritt fahren wir zum Auto, 5 Minuten später läuft die X-Klasse wieder. Glück gehabt, aber kein Frühstück.

Starthilfe

Folge dem Weg weiter, wild und ausgewaschen. geht es ins Tal. Ob die OSM-Karte genau genug ist, und der Weg wirklich fahrbar nach Oruno weiter führt, werde ich schon merken. Doch es geht, ich erreiche mein Ziel, die Fonte Sacra. Um Batterie zu schonen, steige ich allerdings nicht aus, auch der Regen animiert nicht unbedingt für einen längeren Spaziergang.

Abfahrt nach Orune

Die Straße ins Tal nach Nuoro ist schmal und der Asphalt schon Jahrzehnte nicht mehr repariert. Einkaufen. Hinter Oliena ist die Brücke der Hauptstaße gesperrt, irgendwo habe ich wohl ein Schild ignoriert. Als Alternative finde ich  die römische Brücke Ponte Papaloppe und eine Furt und muss nicht ganz bis Oliena zurück.

Ponte Papaloppe

Furt an der Ponte Papaloppe

Nachdem ich aus dem Labyrinth der Gassen in Dorgali herausgefunden habe, fahre ich ins Tal Richtung Gorropu-Schlucht, will doch bei dem regnerischen Wetter noch etwas wandern. Zweige auf eine parallele zum Hauptweg ab, durch eine Furt, sehr eng und kurvig. Auf einmal springt Reifendruckwarnanlage an, das rechte Hinterrad hat einen ordentlichen Schlitz in der Seitenwand und verliert innerhalb von Minuten den Druck vollständig. Irgendwie nicht mein Tag. Reifenwechseln am Parkplatz.

Reifenwechsel

Dann wandere ich entlang des Flumineddu ein Stück Richtung Schlucht, die Strecke scouten. Morgen will ich mit dem Bike zur Schlucht und müsste hier wieder herauskommen. Mittlerweile lässt der Regen nach, aber nach dem Tag habe ich mir ein festes Dach verdient, und suche in Dorgali ein Hotel. Gehe noch den Ort anschauen, abends dann Essen im Hotel in einem fensterlosen Keller-Raum, aber die Pizza ist lecker.

Am nächsten Morgen zweiter Versuch zur Gorropu-Schlucht, diesmal per Bike ab Dorgali. Auf einem Pflasterweg geht es hoch zum Tunnel Richtung Mt Tului, dann auf extrem grobem Geröll entlang des Höhenzuges bis zum Arco Suttaterra. Immer wieder tolle Blicke, nach links Richtung Meer und nach rechts ins Tal des Flumineddo und in die Gorropu-Schlucht. Grandios. Weiter auf der Straße zum Passo Genna Silena. Zeit für die Mittags-Pause, fühle mich unter den Wanderern und motorisierten Bikern ziemlich exotisch.

Tunnel Richtung Cala Gonone

Unterhalb des Monte Tului

Arco Suttaterra

Blick zur Gorropu-Schlucht

Genna Silena

Letztere verpassen dann die tolle Abfahrt in die Gorropu-Schlucht. Blicke auf den gesamten Höhenkamm bis Dorgali und ins Tal des Flumineddu, fast eine halbe Stunde genialer Flow. Die letzten Höhenmeter sind dann doch etwas heftig, tragen ist angesagt.

Abfahrt zur Gorropu-Schlucht

Blick zum Monte Tului und nach Dorgali

Kurz vor dem Eingang

Zahle meinen Obulus für die Wanderung in die beeindruckende Schlucht, die ist wegen Regenfällen aber nicht sehr weit begehbar. Und nach Schwimmen ist mir nicht. Der Rückweg folgt dem Flumineddu, bald komme ich wieder in von der Wanderung gestern bekanntes Terrain. Abends Pizza im Ort, bei toller Musik und gutem WLan kann ich ein bisschen was am Rechner erledigen.

 Gorropu-Schlucht

Gorropu-Schlucht

Flumineddu

Blick nach Dorgali

Hirtenhütte

Am nächsten Morgen geht es per Auto weiter Richtung Süden. Auf der SS125 parallel zur gestrigen Route entlang des Mt Tului und dann bis nach Baunei. Das Auto bleibt im Ort stehen, per Bike geht es auf Asphalt auf die Hochebene Golgo. Ein schneller Schotterweg führt bis zur Hirtenhütte Tor us Piggius, ab da wird es interessant. Ein schwerer Wanderweg, teils ausgesetzt mit vielen engen Kehren, führt entlang der Felswand unterhalb der Punta Giradeli ins Tal. Geröll und felsiger Untergrund wechseln sich ab, der Blick schweift von der Steilwand des Punta Giradeli im Norden bis zur Pedra Longa direkt an der Küste im Süden, genial, es läuft richtig gut. Doch kurz bevor ich auf den Küstentrail treffe, das schwerste schon hinter mir, steige ich an einer eigentlich gar nicht so schweren Steilstufe unfreiwillig über den Lenker ab, bremse mit Knie, Hüfte und Stirn. Bis ich mich wieder gesammelt habe, alle Knochen betastet und das Blut notdürftig aus den Augen gewischt, vergeht eine Viertelstunde. Schäden? Stirn blutet, dicke Lippe und Nase, Schulter und Hüfte heftig angeschlagen, aber vor allem hat das Knie was abbekommen und schmerzt unter Last. Und das trotz Protektoren. Komme zwar aus der Hocke nicht ohne Stütze nach oben, Radfahren geht aber besser als Laufen. So komme ich ohne die Hilfe der vorbeikommenden Wanderer bis zur Pedra Longa. Pause, erholen.

Blick nach Arbatax

Im Steilhang der Punta Giradeli

Stolperstein

Pedra Longa voraus

Blick zurück zur Punta Giradeli

Nach einer ausgiebigen Pause im Restaurant mit Meerblick fühle ich mich fit genug für den Küsten-Trail bis Santa Maria Navarrese. In stetem Auf und Ab verläuft der Weg in der Steilküste, der größte Teil ist fahrbar, an ein paar Stellen wird es zu steil. Angesichts der späten Uhrzeit, meiner schwindenden Kondition und meinem nicht besonders repräsentationsfähigen Aussehen fahre ich nicht mehr ganz hinunter in den Ort, sondern auf einer steilen Schotter-Auffahrt zurück nach Baunei. Kurz vor dem Ort komme ich an der einsamen, schön gelegenen Albergo Uttolo vorbei, kurz entschlossen frage ich nach einer  Unterkunft. Noch bevor ich weiß, ob es ein Zimmer gibt, ist die Bedienung mit Desinfektionsmittel und Klammerpflaster zur Stelle und versorgt mich. Nachdem die Übernachtung geregelt ist, hole ich das Auto aus dem Ort, gönne mir ein Eis und genieße die Dusche und das Essen in der Albergo.

Küstentrail

Albergo UttoloBaunei

Am nächsten Tag ist Wellness für Auto und Bike angesagt und Ruhe für mich.  Nachdem der georderte Ersatzreifen nicht rechtzeitig nach Sardinien kommt, suche ich eine Werkstatt zum Flicken. Ohne Ersatzrad auf dem karstigen Gestein könnte blöde ausgehen. Die schwergängige Schaltung am Rad kann ich nebenher einigermaßen richten, anscheinend hat sie beim Sturz auch etwas abbekommen. Trotzdem suche ich den Bikeshop und mache eine Bike-Tour für den folgenden Tag klar.

Mit geflicktem Ersatzrad geht es Richtung Lago Alto dei Flumendosa. Die als schwer verzeichnete Route am See entlang und über die Hochebene entpuppt sich als einfacher als gedacht, aber landschaftlich sehr schön. Zwischen Hochweiden und durch enge Täler führt die Strecke, immer wieder wechselnde Blicke inklusive.

Reifenflicken

Start zur Tour entlang des Flumendosa

Der Flumendosa

Hochland

Tiefe Täler

Samstag, 9:00. Treffen an einer Bar in Baunei mit 4 Italienern von Hyknos-Ogliastra-MTB, gespannt was mich erwartet. Start mit einem Espresso „aufs Haus“, Verständigung ist nicht so einfach. Die angenommen Sicherheit der Gruppe relativiert sich als ich erfahre, dass meine Mitfahrer die sardische Enduro Challenge ausrichten. Was das Material erklärt. Enduros mit ordentlich Federweg (dabei ein E-Enduro) und Protektoren braucht man nicht für Schotterwege.

Höhe gewinnen auf der Straße, dann geht es kurz auf Schotter in den Wald. Dann die ersten Trails, gegenseitiges Einschätzen der Fahrtechnik. Auch wenn ich die größeren Sprünge umfahre, komme ich einigermaßen mit, aber auch viel schneller als die Tage vorher und mit deutlich weniger Reserven. Tolle Trails bergab, Ende Oktober steigt auf diesen Trails Teil 3 der Sardischen Enduro Challenge. Natürlich, aber nicht zu ruppig, vieles flüssig zu fahren. Lange Zwischenanstiege auf Schotter, und dafür lange Abfahrten auf Trails und Feuerschneisen. Klasse. Im Ort geht es überraschend nochmal steil bergan, der letzte Anstieg für die traditionelle Treppenabfahrt in Baunei. Geschafft, viel länger hätte ich glaube ich nicht durchgehalten 😉

Start in Baunei

Forstwege bergauf

Ausblicke

Gemeinsames Mittagessen. Auto packen, Ziel für heute ist die Südwestküste und ein Camp direkt am Strand. Ganz schaffe ich es nicht, so wird aus der Übernachtung am Strand die nicht ganz einfache Hotelsuche in Iglesias. Direkt am zentralen Platz ist noch viel los, nach einem kleinen Snack habe ich noch Zeit, durch die Altstadt zu bummeln.

Iglesias

Frühstück im Hotel, und dann geht es ins Hinterland. Geplant ist eine OffRoad-Tour ins Minengebiet Arenas, laut Guide eine schwere Tour.  Start in Fluminimaggiore, Kilometerzähler auf Null und dann folge ich dem Trackbook. Kurz nach dem Ort kommt mir noch ein Allrad-Panda entgegen, dann wird der Weg eng und enger. Die Büsche treten zusammen auf Panda-Breite, gleichzeitig wird der Weg uneben. An einer größeren Auswaschung kommt mir ein Biker entgegen und empfiehlt umkehren. Ich kann die Büsche zur Seite binden und schaffe einigermaßen Platz, es geht weiter. Bin unsicher, wird es noch schwerer? Langsam steigt der Weg an, es kommen weitere schwere Stellen, viel zu Fuß scouten. Die Anspannung ist groß, kommt doch irgendwann eine Stelle, die ich nicht schaffe? Umdrehen auf der schmalen Strecke wäre spaßbefreit. Nach über einer Stunde Arbeit komme ich im Minengebiet an, geschafft. Leerstehende Gebäude, rostige Maschinen, die ganze Gegend ist umgegraben und strahlt einen morbiden Charme aus, ein bisschen Endzeit-Stimmung. Eine Weile laufe ich durch die Ruinen, sauge die Stimmung in mich auf, dann geht es weiter. Die Abfahrt ist ausgewaschen, aber breit und einfach zu fahren.

Es wird engErste Schwierigkeiten

Finaler Anstieg

Arenas

Minengebäude

An einem verfallenen Gebäude am Wegesrand Pause für den Pickup, ich wechsele mal wieder den fahrbaren Untersatz. Per Bike zurück ins Minengebiet, über schmale Wege durchs Unterholz und über den Sentiero Su Crabiolu zurück ins Tal. Extrem geröllig, wohlfühlen ist anders, anscheinend hemmt die Erinnerung an den Sturz mehr als mir bewusst ist.

Bike nach Arena

Bekannte Strecken

Abfahrt

Verschleiß

Ohne Zwischenfall komme ich am Auto an, Aufbruch nach Piscinas. Zwischenstop an der Grotte San Giovanni, ein Kilometer Straße durch einen natürlichen Tunnel. Per Rad könnte ich durchfahren, so laufe ich und schaue den Kletterern zu, die sich am Überhang versuchen. Nach Piscinas führt eine schmale Straße durch ehemalige Minenorte. Die Nacht verbringe ich mit einigen anderen Wohnmobilisten auf dem Parkplatz direkt am Strand, nach Umbau vom Quer- zum Längsschläfer bleiben auch die Füße trocken.

Grotta San Giovanni

Fahrt nach Piscinas

Abendessen

Nach einem morgendlichen Erfahrungsaustausch mit der Gruppe OffRoader nebenan steige ich aufs Rad und will vom Strand in das Minengebiet Montevecchio. Anfangs noch sandig mit Blick auf die Dünen, dann durch das Flussbett, später auf grobem Schotter aufwärts. Der Ort Montevecchio ist fast ausgestorben, die ehemaligen Minengebäude vielfach leerstehend. Schwer zu glauben, dass der Ort einst zu Europas größten Bergbau-Orten gehörte. Die Abfahrt ist abwechslungsreich, schnelle und verblockte Trails wechseln, vorbei an den Stauseen Donegani und Zerbino, immer wieder Minengebäude und Reste der Anlagen. Die letzten Kilometer geht es entlang des Rio Irvi, dem roten Fluss, dessen intensive rote Farbe nach den vielen Bachdurchfahrten auch mein Rad schmückt.

Abends dann noch Drachensteigen bei ordentlich Wind, und, oh Wunder, als bekennender wasserscheuer Warmduscher gehe ich noch schwimmen.

Camping auf dem Parkplatz

Rio Piscinas

Montevecchio

Bergarbeiter-Kasernen

Gefährliche Wege

Stausee Zerbino

Rio Irvi

Strandleben

Morgens ist es ungemütlich und feucht, doch bis zum Frühstück wird es trocken. Per Bike fahre ich auf der Küstenstraße Richtung Norden bis Portu Maga. Vielleicht ist hier im Sommer was los, aber jetzt sieht es trostlos und verlassen aus. Starke Brandung, heftige Regenwolken in der Ferne, kühl. Statt über unbekannte Trails ins Landesinnere drehe ich um und genieße die Blicke auf die Brandung und komme noch vor dem Regen am Auto an.

Aufwachen

Dünen am Strand von Piscinas

Brandung

Heute soll es noch nach Bosa gehen, wo Wolfi Urlaub macht. Bis dahin ist noch genug Zeit für eine Jeep-Tour. Über Fluminimaggiore geht es zurück zum Passo Genna Bogai. Der Plan? Von hier führt eine Route zur Küste, dann über Portixeddu zurück. Klassifiziert ist sie blau, die schwarze Variante im Mittelteil will ich mir sparen, heute brauche ich eine eher relaxte Tour. Doch zuerst Picknick. Dann geht es auf dem befestigten Weg weiter, irgendwann hört die Leitplanke auf, und die Büsche treten näher zusammen. Und näher. Und noch näher.  Die Parkpiepser sind im Dauereinsatz, lassen sich leider nicht vollständig abschalten. Bald streift es links, bald rechts. Irgendwann dann beidseitig. Und nicht alles ist nur ein leichtes Streicheln. Da kommt wohl Arbeit auf mich zu, den Lack wieder kratzerfrei zu bekommen. Darum kümmere ich mich zu Hause, jetzt will ich zum Meer. Nach dem Abzweig der schwarzen Piste neigt sich der Weg bergab, es geht in eine Schlucht. Die Anspannung wächst mit jedem Meter, und mit jedem Meter wird der Weg schwerer. Sollte es nicht mehr weitergehen, heißt es rückwärts fahren bis zu einer breiteren Stelle. Und das war gefühlt vor einer Viertelstunde. Und so kommt es, wie es kommen muss. Eine ausgewaschene Rinne, anderthalb Meter breit, und so tief, dass ich bis zur Hüfte drin verschwinde. Und wo ich die nächsten 50 Meter auch fast keine Möglichkeit finde, wieder aus der Rinne heraus zu klettern. Keine Chance, hier ohne Schaden durchzukommen. Also Rückwärtsgang. Glück im Unglück, nach 100m kommt doch eine Stelle, bei der ich wenden in 20 Zügen üben kann. Nach ein paar Minuten steht die X-Klasse in der richtigen Richtung, es kann wieder zurück gehen. Wenn das die blaue Variante war, schwerer kann die schwarze auch nicht mehr sein. Da mir die Zeit ausgeht, entschließe ich mich schweren Herzens, den Plan zu ändern und die gleiche Strecke wieder zurück zu fahren. Nach Bosa sind es noch drei Stunden Fahrt, am frühen Abend komme ich an. Herzliches Willkommen bei Wolfi in der Ferienwohnung, lecker Essen und Zeit für Männergespräche. 🙂

Fluminimaggiore

Picknick

Sackgasse

Frühstück mit Wolfi, Vom  Parkplatz des Appartments haben wir einen tollen Blick auf Bosa. Dann geht es gemütlich per Rad ins Hinterland, kleine Ortschaften, schöne Nebenstrecken, und ein Gipfelkreuz zu dem wir uns durchschlagen. Als Abschluss sitzen wir gemütlich an der Strandbar und lassen die Seele baumeln. Abends fahren wir per Rad in den Ort, genießen den Sonnenuntergang und das Essen.

Frühstück bei Wolfi

Radtour ins Hinterland

Gipfelglück

Sonnenuntergang in Bosa

Langsam naht der Abschied von Sardinien. Heute abend geht die Fähre. Gemütliches Frühstück, Abschied von Wolfi und dann Start Richtung Osten. Auf der Fahrt ein kurzer Abstecher zum Gigantengrab S’Ena ’e Thomes, das ich mir viel größer vorgestellt habe, ein Spaziergang durch Orosei, nochmal die Füße ins Meer stecken, und dann ein  kurzer Stadtrundgang in Olbia. Ohne Stress zur Fähre, bin früh auf dem Schiff und kann mir gemütlich einen Platz suchen. Weniger gemütlich wird die Rückfahrt, es ist wieder extrem windig und frisch und laut. Viel Schlafen ist nicht drin.

Gigantengrab

Ostküste

Basilica in Olbia

Die Rückfahrt lasse ich langsam angehen, aber mich zieht es nach Hause. Noch ein kurzer Abstecher zu Roli, Laufräder einladen. Und sein Poliergerät. Das wird die nächsten Tage zum Einsatz kommen müssen. Trotz wenig Schlaf komme ich am frühen Abend zu Hause an. Und freue mich aufs eigene Bett.

Und dann? Auto ausladen, aufräumen, waschen,  und dann kümmere ich mich um die Kratzer am Auto. Die eigenen Blessuren brauchen wohl ein bisschen länger, bis sie verheilt sind.

Livorno

Gotthaard

Politur

Resume nach 2 Wochen allein unterwegs?

Jeden Tag selbst gestalten können. Nur das tun, worauf ich Lust habe. Ein bisschen habe ich mich gefühlt wie der Esel zwischen den Heuhaufen. Aus der Vielzahl an Möglichkeiten den nächsten Tag zu planen hat doch mehr Zeit gekostet, als gedacht. Und so waren die Stunden, in denen ich gemütlich was lesen konnte (zumindest was anderes als die Touren-Guides), eher rar. Für die nächste Tour würde ich mein Gepäck so eindampfen, dass alles aufs Bike passt. Bikepacking statt Greenlaning. Auf dem Rad ist man einfach viel näher an Natur und Menschen.

Und noch eine (nicht neue) Erfahrung: So schön und spannend die Touren waren, die Landschaft, die Erlebnisse: so richtig toll wird alles erst, wenn man es teilen kann und zu zweit oder in kleiner Gruppe unterwegs ist.

Route und Touren auf dem Roadtrip:

Karte

Die Touren
Literatur

MOUNTAINBIKEN AUF SARDINIEN (MTBaS), Herold/Cardia/Deidda/Pitzalis, 2018
ISBN 978-88-98609-67-3

TRACKBOOK SARDINIEN (TBS)
Lindenblatt/Göttenauer, 2018
ISBN 978-3-00-059515-8

Altmühltal

Der Radweg im Altmühltal, Prototyp und Vorbild vieler Flussradwege. Gut ausgebaut, schöne Landschaft, gute Infrastruktur. Toll mit der Familie und dem Tourenrad. Aber per Bike?

Da muss man schon den Kopf ein wenig aus dem Tal strecken, und dem Altmühl-Panoramaweg folgen, der mal links, mal rechts das Tal verlässt und sich an den Hängen entlang zieht. Wanderweg heißt in dem Fall aber auch, dass es steil wird. Bergab wie bergauf. Und so gibt es dann doch ein paar Stellen, an denen der Wanderweg der ursprünglichen Bedeutung des Wortes „Wandern“ gerecht wird, und das Rad schiebenderweise zum Ballast wird.

Und so treffe ich mich für ein Bike-Wochenende mit Frank in Treuchtlingen, 2 Tage lang wollen wir dem Panorama-Weg folgen. Für mich auch Einweihung des neuen Liteville, Frank bleibt seinem bewährten Material treu.

Die erhofften Trails wechseln mit gemütlichen Strecken entlang der Altmühl und über die Hochebenen, so bekommen wir bis zur Übernachtung in Eichstätt  ordentlich Höhenmeter und abwechlsungsreiche Strecken. Die Anstiege sind zwar nicht ewig lang, durch den Wechsel der Flussseite addieren sie sich aber auch am zweiten Tag ganz ordentlich, bis wir nach der Mittagspause in Böhming den Rückweg entlang des Flussradweges antreten. Bis Eichstätt per Bike, zeitlich wird es noch richtig knapp als uns Google Maps auf der Direttissima durch den Wald zum Bahnhof in die Irre leitet und wir ein paar Sekunden vor Abfahrt die Bahn von Eichstätt Stadt zum „Fernbahnhof“ entern, so bleibt noch Zeit für ein Eis in Treuchtlingen.

Treffpunkt in Treuchtlingen
Treffpunkt in Treuchtlingen
Trockenwiesen
Trockenwiesen
Felsformation
Felsformation
Kerle nach rechts
Kerle nach rechts
Pilze im Wald
Pilze im Wald
Rieshofen
Rieshofen
Oberhalb Arnsberg
Oberhalb Arnsberg
Rückweg auf dem Altmühl-Radweg
Rückweg auf dem Altmühl-Radweg

Schön wars! Danke 🙂

PS: An ein paar Stellen im Naturpark ist das Biken explizit verboten, und überall ist Rücksicht auf die Wanderer selbstverständlich.

Zuwachs im Fuhrpark

12 Jahre voller Erlebnisse und Erinnerungen. Genauso lange fahre ich mein Liteville 301 schon. Und trotz mancher Ersatzteile und Aktualisierungen merkt man schon einen gewissen Retro-Charme. Nicht dass es mit 26″x2,25, 115mm Federweg und 3-fach Kettenblatt unfahrbar wäre, weit gefehlt. Aber irgendwie übt das Neue schon einen gewissen Reiz aus und so waren eigentlich über die dunkle, kalte Jahreszeit intensive Recherchen geplant, stundenlanges Kataloge-Wälzen, Probefahren, um letztlich in seitenlangen Excel-Tabellen das gefühlt optimale Bike zu finden.

Und die Vielzahl an Technologien macht es nicht gerade einfacher. Drei Räder-Größen, 1-, 2-, 3-fach, Federwege, Carbon, und und und. Manches mehr Marketing als wirklich technisch notwendig geschweige denn sinnvoll. So war ich um Roli’s Angebot froh, auf unserer Pfalz-Tour sein „altes“ 301 Mk. 10 auszuprobieren. 160mm mit ordentlich breiter 26″/27,5″-Mischbereifung, 2-fach, Dropper-Post, flachem Lenkwinkel und breitem Lenker ist es immer noch relativ nah an aktuellen Standards und Lichtjahre von meinem Mk. 1 entfernt. Auch was das Gewicht betrifft, vor allem Gabel und Laufräder bringen stattliche 2kg Mehrgewicht gegenüber meinem Bike mit.

Umso überraschter war ich, wie gut das Mk.10 in der Pfalz auf verblockten Trails bergauf geht. Je wilder, desto besser. Gut, auf langen Anstiegen ziehen die 14,5kg ins Tal, aber mehr mental als wirklich relevant. Schließlich fahre ich kein Rennen. Bergab dann das erwartete, die breiten Reifen, Federweg und die absenkbare Sattelstütze geben viel Sicherheit in ruppigem Gelände. Nichts, was ich nicht auch mit dem alten Rad hätte fahren können, aber einfach mit mehr Gelassenheit und Spaß. Und schneller.

Und so wechselt Roli’s 301 den Besitzer und Fuhrpark, vermeidet Standplatten und bekommt einen zweiten Frühling in Stuttgarts Wäldern. 🙂 Und ich kann statt mir den Hintern beim Recherchieren platt zu sitzen lieber biken gehen…

301 Mk1 vs. 301 Mk10
301 Mk1 vs. 301 Mk10 (Anklicken für Animation)

Der moderne Entdecker: OSM Tagging

Die Openstreetmap-Karten haben mittlerweile in vielen Gebieten eine Qualität erreicht, die mindestens so gut ist wie die käuflichen Karten.

Und mit dem richtigen Rendering werden in vielen Gebieten sogar die Bewertung nach der Singletrailskala grafisch dargestellt. Das bieten zum Beispiel openmtbmap.org oder openandromaps.org (letzteres mit dem MTB-Theme), mit den entsprechenden Apps (z.B. Oruxmap auf Android oder Cartograph2 auf iPhone) auf dem Handy eine tolle Alternative zu GPS-Geräten.

Zum MTB-Tagging gibt es aber durchaus in einigen Gebieten noch Luft nach oben. Wer sich ein bisschen wie Amerigo Vespucci fühlen will, kann da nachhelfen und die Wege mit den entsprechenden MTB-spezifischen Tags versehen. Das geht einfach mit dem Offline-Editor JOSM in Verbindung mit meinem MTB-Tagger, der die wichtigsten Tags übersichtlich darstellt.

Das Ergebnis meiner letzten Touren im Sommerurlaub im Ahrntal im Vorher/Nachher-Vergleich (Juni – September) zeigt eine deutlich bessere Detaillierung und viele neu kartographierte Wege, stellt aber aber auch zusätzlich bei vielen Pfaden, die im Juni noch als einfache braune Linie dargestellt waren,  die Schwierigkeitsgrade nach Singletrailskala an. Und erlaubt so dem nächsten eine Einschätzung, ob noch fahrbar oder eher nicht.

Have Fun!

OSM Luttach Juni - September 2018
OSM Luttach Juni – September 2018: (Kartenausschnitt anklicken für Animation
Legende openandromap MTB
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