Tagebuch
Vom 28.3.1991-13.4.1991
Seit 1989 in Stuttgart, werden meine Touren länger, häufiger und schwerer. Und so entfliehe ich Ende März 1989 mit Studienfreund Joachim dem nasskalten Wetter in Deutschland und wir nehmen Kurs auf Südfrankreich. Für mich die erste Camping-Radtour und gleichzeitig Jungfernfahrt für mein neues Hercules.
Das Auto bleibt auf dem Campingplatz in Apt stehen, wir steuern den Gorges du Verdon an. Doch schon am ersten Tag rächt sich meine billige Tourenausstattung: Beim Kontakt der Packtasche mit den Speichen zieht erstere den Kürzeren, in der Folge verteile ich ein halbes Kilo Spaghetti auf der Straße. Im Miederwarengeschäft (nein, nicht Dessous) bekommen wir trotz unserer kaum vorhandenen Französischkenntnisse Nadel und Faden und ich sitze nach dem Abendessen da und flicke meine Tasche. Ein Ast dient als Abstandshalter, nicht schön aber funktioniert für den Rest der Tour.
Am zweiten Tag erreichen wir den Lac de Ste. Croix, der Blick in die Verdon-Schlucht ist beeindruckend, genau wie der Anstieg zur Südseite der Schlucht. 2 km nach der Passhöhe schlagen wir uns seitlich in die Büsche und unser Zelt auf. Wer braucht schon eine Dusche?
Am Lac de Castillon vorbei und über den Col de Toutes Aures erreichen wir den Gorges du Daluis, der rote Sandstein türmt sich neben uns auf, mit dem Rad können wir an Stellen halten und den Ausblick genießen, an denen wir mit dem Auto vorbeifahren müssten. Gigantisch.
Bei der Auffahrt zum Col de Valberg hoffen wir, wieder eine wilde Übernachtungsmöglichkeit zu finden. Doch die einzigen horizontalen Stellen auf der ganzen Auffahrt sind die Schotterbankette in den Kehren. Wenig attraktiv, und so stehen wir dann am späten Nachmittag auf der Passhöhe. Schneereste und entsprechende Temperaturen motivieren auch nicht gerade das Zelt aufzubauen. So liefern wir uns mit ein paar Autos ein Rennen den Gorges de Cian hinab und landen mit dem letztem Licht auf einem Campingplatz direkt am rauschenden Fluss Var.
In Carces erleben wir, wieviel Spaß ein Tag Dauerregen in einer Hundehütte macht. Sind froh, dass am nächsten Tag die Sonne scheint. Dafür gibt es dann scharfen Gegenwind auf der Straße, die kilometerlang schnurgerade nach Aix en Provence führt. Den Hausberg, den Montagne St. Victoire, nehmen wir in einer Tagestour ohne Gepäck unter die Stollen, schließen die Räder unterhalb des Gipfels ab und klettern den verblockten Wanderweg nach oben. Ein toller Blick!
Am 11. Tag unserer Biketour sind wir wieder in Apt. Vier Tage haben wir noch für Tagestouren in der Umgebung. Die Ockerfelsen von Roussillon, die Fontaine de la Vaucluse, der Besuch im Vasarely Museum in Gordes und der lange zähe Aufstieg zum Mont Ventoux faszinieren jeder auf eigene Weise. Am letzten Tag suchen wir noch ein paar Wanderwege im Luberon und testen unsere Fahrtechnik, bevor wir die Zelte abbrechen und uns am Morgen auf den langen Weg nach Hause machen. Mit einem letzten Rest Sprit im Tank und leeren Geldbeuteln kommen wir wieder in Stuttgart an, um einige tolle Eindrücke reicher.
Geschrieben: 2014-01-27